Stellungnahme der Freien Wähler vom 23. April

Stellungnahme der Freien Wähler zur Beratung des Antrags vom 27.2.2024 unter TOP 6 der Gemeinderatssitzung vom 23.4.2024

Sehr geehrte Frau OBin
Sehr geehrter Herr BM
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

nach intensiver Beratung in unserer Fraktion halten wir Freien Wähler unseren Antrag vom 27.2.2024 aufrecht. Wir werden einem Antrag auf Vertagung nicht zustimmen.
Gemäß Gemeindeordnung ist über diesen Antrag heute zu beraten und abzustimmen.

Frau Oberbürgermeisterin vielen Dank dafür, dass Sie eine Aussprache zu diesem wichtigen Thema ermöglichen und uns als Antragsteller zuerst das Wort erteilt haben.

Es ist sicher nicht zielführend jedes einzelne Argument, jede einzelne Frage oder jeden Sachverhalt hier noch einmal darzulegen. Es gab im Vorfeld zahlreiche nicht öffentliche Beratungen, Gespräche, weiterführende Informationen und Überlegungen zum Schnüren eines Pakets …. usw. 

Wir haben großes Verständnis für die betroffenen Bürger die sich mit Ihren Argumenten deutlich positioniert haben. Es muss möglich sein, alle Fragen zu stellen und alle Bedenken vorzutragen.

 

Wir sehen natürlich die Verpflichtung und humanitäre Aufgabe zur Aufnahme von Geflüchteten. Das Land ist dabei von Bund abhängig und weit über unseren Köpfen wird in Berlin und Brüssel darüber entschieden wie viele Menschen in unser Land kommen.

Die Folgen daraus haben wir bereits 2015 erlebt und erneut und verstärkt in den letzten Jahren.

Die Stadt Bruchsal mit ihren Ortsteilen als Lebensort und Gemeinschaft hat diese Aufgabe bisher vorbildlich bewältigt.

Hier gilt unser besonders Dank allen Beteiligten sowohl bei der Stadtverwaltung in verschiedensten Bereichen, als auch bei den Bürgern die mit ihrem Engagement erst ermöglicht haben, dass wir diese große Aufgabe bisher bewältigt haben.

Es gibt aber Grenzen der Belastbarkeit und Folgelasten. Wir spüren das in den Schulen und Kindergärten, bei der Verknappung von Wohnraum und den Soziallasten die unsere Spielräume einengen. Ein sehr hoher Bevölkerungszuwachs und die Unterbringung und Integration bringen uns als Gemeinschaft an die Grenzen der Möglichkeiten. 

Die Einrichtung der jetzt geplanten EA hat eine andere Wirkung als die Aufnahmeeinrichtung für Ukrainer im ehemaligen Praktiker in Heidelsheim. Wir werden im Zeitraum von 5 Jahren ca. 10.000 Menschen aus aller Welt mit entsprechend unterschiedlichen Erfahrungen, Erwartungen und Motivationen in einem durchaus ansehnlichen Wohngebiet für 1-2 Monate aufnehmen dürfen. Wenn davon nur 1% auffällig sind, sind das 100 Problemfälle, oder alle 2 Wochen ein Polizeieinsatz. Das ist natürlich eine statistische Annahme. Es muss aber auch möglich sein, im Vorfeld Bedenken zu diskutieren und nicht einfach abzutun. Mit Prävention muss das möglichst vermieden werden, aber eine 100% Sicherheit wird es nicht geben. 

 

Was uns bisher zu kurz kommt, ist eine klare Aussage, dass wir eine Erstaufnahme-einrichtung an dem Standort der alten Landesfeuerwehrschule ( FAQ Areal Alte Landesfeuerwehrschule) für falsch halten. Ein altes Wohngebiet mit einer gesunden Struktur über mehrere Generationen und der Erweiterung mit Oberer Weierberg I und II kann nicht der richtige Standort für eine Erstaufnahmeeinrichtung sein. 

Wir benötigen Wohnraum und dafür bedarf es Baugrundstücken, diese wollen wir auf dem Gelände des Landesfeuerwehrschule entwickeln. Wir benötigen den Wohnraum jetzt und nicht erst in 10 Jahren!

 

Es gibt Zweifel ob das Land dort eine Erstaufnahmeeinrichtung erzwingen kann, das bedarf einer rechtlichen Prüfung, notfalls vor Gericht. Wir halten die Chancen für gering dadurch das Vorhaben zu verhindern, aber wir haben keine eindeutige Klärung, diese ist zwingend erforderlich.

Die bisherigen Aussagen hierzu reichen uns nicht aus und wir sind überzeugt, dass ein Votum des Gemeinderats PRO oder CONTRA vor einem abschließenden Urteil notwendig und sinnvoll ist.

 

Bisher haben wir uns hierzu leider nicht deutlich genug geäußert, damit meine ich auch uns Freie Wähler. Vielleicht ist das ein Versäumnis der letzten Jahre in denen Hintergrund-gespräche liefen mit dem Ziel einer möglichst einvernehmlichen Lösung. 

Bei allem Verständnis dazu müssen wir uns fragen, ob es richtig war solange zu warten. 

Erst in den letzten Wochen und wohl auch nur unter Druck hat sich die Landesregierung bewegt und Rahmenbedingungen angeboten, die mit einer Befristung auf 5 Jahre eine Perspektive aufzeigt – alleine uns fehlt der Beleg, dass das alles ernsthaft, belastbar und wirklich dauerhaft rechtssicher sein kann.
Der jetzt angestrebte Ankauf des Geländes durch die Stadt Bruchsal ist dazu eine Möglichkeit. Es bedarf der Bereitschaft des Landes dies zu fairen Bedingungen zeitnah mit einem notariellen Vertrag umzusetzen. Daran werden wir erkennen, ob die Interessen der Stadt Bruchsal in Stuttgart ernstgenommen werden.

 

So einfach das klingt, es wäre nur die 2.Option für den Fall, dass eine EA vom Land durchgesetzt wird.

Natürlich muss die Befristung zugesichert werden, die Begrenzung der Kapazität und auch ein abgesichertes Betriebskonzept, das aus den Erfahrungen an anderen Standorten Fehlentwicklungen vermeiden lässt.

Nicht unerwähnt muss bleiben, dass ein Kauf des Geländes eine neue und große Aufgabe für die Stadt bedeutet, vergleichbar mit der Entwicklung des Bahnstadt mit allen Chancen und Risiken. Es geht dabei um ein Investitionsvolumen von 20-30 Millionen € bis zur Baureife.

 

Wenn die Landesregierung ernsthaft an einer einvernehmlichen und für die Stadt Bruchsal tragbaren Lösung interessiert ist, erwarten wir mehr öffentliche Kommunikation und Klarheit über die Inhalte, Zusagen und zeitlichen Abläufe. Das Verhandeln zwischen Stadtverwaltung und Landesregierung ist sicher kein einfacher Prozess und kann nicht in jedem Detail öffentlich ausgetragen werden. Diese Aufgabe nimmt unsere Verwaltungsspitze sehr ernst und versucht das Bestmögliche zu erreichen.

Wir halten aber keine umfassende Bürgerinformation der betroffenen und interessierten Öffentlichkeit für dringend geboten und erwarten von unserer Verwaltung, diese zu organisieren und anzubieten.


Wir bitten Sie, Frau Oberbürgermeisterin über unseren Antrag abstimmen zu lassen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Roland Foos
Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler Bruchsal 

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